In
seiner Forschung beschäftigte sich Max Tilzer vorrangig mit der
Produktionsbiologie mit Schwerpunkt auf dem Phytoplankton. Die Untersuchungen
wurden in Binnenseen sowie im Ozean durchgeführt. Arbeiten an limnischen
Ökosystemen wurden in einem während des Winters lange eisbedeckten
Hochgebirgssee (Vorderer Finstertaler See, Österreich), im extrem
klaren ultra-oligotrophen Lake Tahoe, USA sowie im mesotrophen Bodensee
durchgeführt. Dabei war die Nutzung der Unterwasserstrahlung für
den biologischen Produktionsprozeß ein zentraler Forschungsgegenstand.
Die Forschungsarbeiten im Meer konzentrierten sich auf den Antarktischen
Ozean, daneben war Max Tilzer an Forschungsarbeiten im Roten Meer beteiligt.
Es
konnte gezeigt werden, daß aquatische Ökosysteme in der Regel
weniger produktiv sind als terrestrische. Dies ist vor allem darauf
zurückzuführen, daß das Wasser als Lebensmedium eine
wesentlich größere optische Dichte aufweist als Luft. Photosynthetische
Organismen im Wasser müssen daher mit dem sie umgebenden Lebensmedium
um Lichtquanten konkurrieren. Im Gegensatz dazu können geschlossene
terrestrische Pflanzendecken praktisch die gesamte einfallende Strahlung
absorbieren und energetisch nutzen. In planktonreichen Gewässern
wird die Vertikalerstreckung der Zone mit ausreichenden Lichtintensitäten
infolge von Selbstbeschattung herabgesetzt. Die Produktivität von
Phytoplanktongemeinschaften pro Oberfläche nimmt infolge der Selbstbeschattung
in Form einer Sättigungshyperbel zu. Diese Sättigungskurve
kann auch durch den bei zunehmender Biomasse (Chlorophyllkonzentration)
zunehmenden Anteil des durch Photosynthesepigmente absorbierten Unterwasserlichtes
beschrieben werden. Die theoretische Obergrenze der Produktivität
aquatischer Ökosysteme würde erreicht, wenn alles in das Wasser
eindringende Licht durch photosynthetische Pigmente absorbiert würde.
In den allermeisten Fällen erreicht die Lichtabsorption durch Phytoplankton
aber nur wenige Prozent der Gesamt-Lichtattenuation im Wasser.
Da
überdies auch reines Wasser rotes Licht sehr stark absorbiert,
kann für die Photosynthese lediglich der blaue Spektralbereich
genutzt werden. Die Verfügbarkeit von Strahlungsenergie wird durch
die Vertikaldurchmischung der Wassersäule weiter herabgesetzt,
da das durchmischte Phytoplankton über einen Lichtgradienten transportiert
wird. Besonders in klaren Gewässern verringert sich die Produktivität
zusätzlich infolge der Hemmung der Photosynthese durch überoptimale
Strahlungsintensitäten nahe der Wasseroberfläche. Durch Anpassung
an die herrschenden Strahlungsverhältnisse kann die Nutzungseffizienz
der Unterwasser-Lichtstrahlung geringfügig erhöht werden.
Diese Lichtanpassung erfolgt vor allem durch Veränderungen des
zellulären Pigmentgehalts und durch tageszeitliche Vertikalwanderungen
begeißelter Algen, wodurch diese für längere Zeiten
in günstigen Lichtmilieus verweilen können.
Die
Lichtquantenausbeute der Photosynthese erreicht erst bei begrenzenden
Lichtintensitäten in größerer Wassertiefe ihren höchsten
Wert, welcher aber mit 0,03 - 0,04 weit unter dem theoretischen Maximum
von 0,125 liegt. Aus allen diesen Gründen ist die photosynthetische
Lichtausnutzungseffizienz in aquatischen Ökosystemen gering. Nur
in Ausnahmefällen werden durch den Prozeß der Photosynthese
mehr als 1 % der einfallenden kurzwelligen Strahlungsenergie in chemisch
gebundene Energie umgewandelt.
Untersuchungen
zur Beziehung zwischen Tagesproduktivität und Biomassedynamik im
Phytoplankton des Bodensees ergaben, daß Brutto-Produktionsraten
nur einen vergleichsweise geringen Einfluß auf die Zunahme der
Biomasse des Phytoplanktons haben. Dies erklärt sich dadurch, daß
sich die Gesamtverluste proportional mit den aus den Produktionsraten
zu errechnenden potentiellen Wachstumsraten verhalten. Dies wurde dadurch
erklärt, daß Respirationsraten einen hohen Anteil an den
Gesamtverlusten im Verlaufe des Produktionsprozeß haben und sich
zudem proportional zu den Brutto-Produktionsraten verhalten. Der hohe
Anteil metabolischer Verluste an den Gesamtverlusten im Zuge des Produktionsprozesses
hat eine vergleichsweise geringe Nutzbarkeit des Primärproduktes
durch Konsumenten im pelagischen Nahrungsnetz zur Folge.
Die
Abnahme der Nährstoffbelastung des Bodensees während der 1980er
Jahre wirkte sich zunächst nur wenig auf die Jahresproduktivität
des Phytoplanktons aus. Dies wurde dadurch erklärt, daß Fraßverluste
unter eutrophen Bedingungen die Biomasse des Phytoplanktons niedriger
hielten, als dies auf Grund der Verfügbarkeit von Phosphor zu erwarten
wäre. Mit abnehmender Nährstoffbelastung nahm der Fraßdruck
ab, was zur Folge hatte, daß die sommerliche Maximalbiomasse sich
mehr der nährstoffbedingten Tragfähigkeit des Phytoplanktons
annäherte.
Im
Antarktischen Ozean stand der Einfluß der tiefen Wassertemperaturen
im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. Ausgehend von der
Beobachtung, daß im Antarktischen Ozean die chlorophyllspezifischen
Photosyntheseraten niedriger als in anderen marinen oder limnischen
Ökosystemen sind, wurden an Bord von „Polarstern“ Versuche
zur Temperaturabhängigkeit der Photosynthese-Strahlungskurve durchgeführt.
Diese ergaben Hinweise darauf, daß bei extrem tiefen Temperaturen
(unter 0°C) auch der lichtbegrenzte Anstieg der Photosynthese temperaturabhängig
zu sein scheint. Des weiteren wurden die Temperaturabhängigkeiten
von lichtgesättigter Photosynthese und Respiration in antarktischem
Phytoplankton experimentell untersucht. Es zeigte sich, daß die
Respiration eine größere Temperaturabhängigkeit aufweist
als die Photosynthese. Dies hat zur Folge, daß sich bei tiefen
Temperaturen die Nettobilanz zwischen Brutto-Photosynthese und Respiration
zugunsten der Photosynthese verschiebt. Modellrechnungen ergaben, daß
als Folge die Wachstumsraten von Algenpopulationen weniger stark herabgesetzt
sind, als auf Grund von Ergebnissen bei höheren Temperaturen zu
erwarten gewesen wäre. Dies kommt insbesondere dann zum Tragen,
wenn unter Kurztagbedingungen die nächtliche Respiration temperaturbedingt
stark gedrosselt ist.
Untersuchungen
zum Einfluß des Phytoplanktons auf die spektrale Lichttransmission
des Wassers haben ergeben, daß infolge der großen Klarheit
des Antarktischen Ozeans sowie wegen der Dominanz der blauen Spektralkomponenten
der Unterwasserstrahlung die Lichtabsorptionsquerschnitte von Phytoplanktonsuspensionen
höher sind als in stärker getrübtem und/oder grün
gefärbtem Wasser. Infolge der geringen algenunabhängigen „Hintergrund-Attenuation“
des Wassers hat Phytoplankton einen starken Einfluß auf die Gesamt-Lichtattenuation
sowie die spektrale Zusammensetzung des Unterwasserlichtes.
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